Dr. Benjamin Kertai, Richter am Landgericht München, beleuchtet in seinem Artikel in der Neuen Zeitschrift für Strafrecht (NStZ, 2024, S. 653 ff.) die rechtlichen und praktischen Herausforderungen bei der Verhängung jugendrichterlicher Weisungen zur Cannabisabstinenz und zu Urinkontrollen für jugendliche Straftäter. Solche Weisungen, so Kertai, sind gemäß § 10 Abs. 2 JGG nur dann rechtsgültig, wenn die Erziehungsberechtigten und die Jugendlichen selbst ausdrücklich zustimmen. Ohne diese Zustimmung seien solche Anordnungen unzulässig, ein Aspekt, der in der Praxis jedoch oft übersehen wird.
Kertai kennt die Schwierigkeiten im Umgang mit jugendlichen Betäubungsmittelabhängigen und betont, dass Rückfälle bei Abhängigen ein typischer und nahezu unvermeidbarer Bestandteil des Krankheitsverlaufs sind. Sie seien daher nicht zwingend ein Zeichen mangelnder Abstinenzmotivation. Einfache Verstöße gegen Abstinenzauflagen sollten seiner Ansicht nach nicht automatisch zu Bewährungswiderruf oder Arrest führen, sondern Jugendrichter sollten hier die Rückfallrisiken und die Erkenntnisse der Suchtforschung berücksichtigen. Rückfälle seien häufig Teil des Genesungsprozesses, und mehrere Therapieversuche seien oft notwendig, um langfristige Abstinenz zu erreichen.
In der Praxis, so Kertai, erfreuen sich Weisungen zur Abstinenz und zur Kontrolle des Substanzkonsums bei Jugendrichtern und der Jugendgerichtshilfe zwar großer Beliebtheit, trotz teils kontroverser Diskussionen. Er betont jedoch, dass die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben unerlässlich ist: Das Einverständnis der Erziehungsberechtigten und die Zustimmung des Jugendlichen müssen eingeholt und im Urteil festgehalten werden. Darüber hinaus hält er es für essenziell, die individuelle Suchtgeschichte des Jugendlichen im Urteil zu berücksichtigen, um eine fundierte und gerechte Entscheidung zu treffen.
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